„Heimatliebe statt Rabattschlacht“

Marc Wieschhörster, Geschäftsführer Wieschhörster GmbH, im Interview mit dem Wifo Greven

Marc Wieschhörster, Geschäftsführer Wieschhörster GmbH, im Interview mit dem Wifo Greven
Wieschhörster GmbH, Greven

Marc Wieschhörster ist seit 2003 im gleichnamigen Familienunternehmen aktiv. Neben den zwei Modehäusern in Greven, waren auch die Standorte in Münster und Osnabrück von den Schließungen des
Einzelhandels betroffen. Wir sprachen mit Marc Wieschhörster über seine Eindrücke in dieser Zeit und was er Positives daraus mitnimmt.

Herr Wieschhörster, am 17. März mussten Sie wie viele andere Einzelhändler Ihre Modehäuser von heute auf morgen schließen. Wie sind Sie damit umgegangen?

Richtig, wir hatten gute vier Wochen komplett geschlossen. Um die Kosten zu reduzieren, haben wir alle Mitarbeiter direkt in die Kurzarbeit geschickt. Dennoch haben wir weiter hinter den Kulissen gearbeitet. In der Zeit der Schließung haben wir enorm viele Gutscheine verkauft – unsere Stammkunden haben uns auf diese Weise sehr unterstützt. Meine Schwester Diana und ich haben außerdem bestellte Ware persönlich zu unseren Kunden gebracht. Das kam sehr gut an.

Eine schöne Art, die Kundenbeziehung zu pflegen. Wenn der Kunde nicht ins Geschäft kommen kann, fahren Sie eben zum Kunden.

Genau. Die gute Beziehung zu unseren Kunden ist uns sehr wichtig, denn wir kennen unsere Kunden zum Teil über viele Jahre. Auf Facebook haben wir in der Zeit zum ersten Mal ein Live-Video angeboten, in
dem unsere Modeberater durch die neuen Kollektionen geführt und Fragen der Zuschauer beantwortet haben. Das war ein schönes Experiment, das gut angekommen ist und eine weitere Möglichkeit in der zielgruppengerechten Ansprache für uns.

Wie war es dann, als Sie die beiden Häuser in Greven am 20. April wieder öffnen durften?

Wir hatten das Glück, dass wir mit beiden Häusern in Greven unterhalb der 800qm-Grenze lagen und mit als Erste wieder öffnen durften. Auf der einen Seite freut man sich, auf der anderen Seite leidet man mit den anderen, die noch nicht öffnen durften. In dieser Zeit habe ich mich sehr häufig mit Mitbewerbern ausgetauscht. Das ist übrigens ein positiver Nebeneffekt von Corona gewesen: zuvor hatten wir kaum miteinander zu tun. In Grevens Innenstadt hat jeder Händler seine individuellen Schwierigkeiten, allen voran natürlich die Gastronomie. Da ist Zusammenhalt gefragt, der hoffentlich weit über Corona nachwirkt.

Wie haben Sie die Tage nach der Wiederöffnung erlebt? Wie haben Ihre Kunden den Schritt in die Normalität angenommen?

Wir hatten unsere Kunden zur Wiederöffnung mit einem persönlichen Brief angeschrieben, um sie wissen zu lassen, dass wir uns auf sie freuen, aber auch unsere Verantwortung ihnen gegenüber ernst nehmen. Wir wollten betonen, dass sie sich auf uns verlassen und dank sorgfältig umgesetzter Sicherheitsmaßnahmen bei uns einkaufen können. Auf dieses Schreiben haben wir viel positive Resonanz erhalten. Die Akzeptanz bei unseren Kunden für alle Maßnahmen war und ist sehr groß. Die ersten zwei Wochen nach Wiedereröffnung liefen für uns sehr gut an, ehe es wieder etwas ruhiger wurde.

Wie haben Sie als Einzelhändler das Innenstadtleben in Greven nach den Lockerungen beobachtet?

Es waren vor allem jüngere Menschen schnell wieder in den Städten unterwegs – nicht nur in Greven. Der Vorteil von Greven ist aber sicher, dass es eine kleine Stadt ist. Die funktionieren momentan besser, da die
Menschen sich hier sicherer fühlen als in großen Städten. Viele sind vorsichtig und möchten sich nicht in einer vollen Fußgängerzone wiederfinden. Da haben wir es hier beschaulicher.

Bei vielen Händlern sind die Lager voll und die Wiedereröffnung wurde mit Rabatten gefeiert. Wie sind Sie damit umgegangen?

Ich halte Rabatte in dieser Situation für das falsche Signal. Bei uns gibt es keine Rabattschlacht. Wir haben jedes Jahr Mitte Juni unsere Aktion „Urlaubsgeld“. In diesem Jahr, in dem viele unserer Kunden nicht verreisen werden, sondern den Urlaub in der Heimat genießen, haben wir die Aktion in „Heimatliebe“ umbenannt.

Was haben Ihre Kunden zuerst gekauft?

Im sportiven Bereich – für Freizeit und Homeoffice – haben wir sehr gut verkauft und konnten sogar ein Plus verzeichnen. Das Anlassgeschäft fehlt uns hingegen in diesem Jahr komplett. Alle großen Feiern sind
abgesagt – in diesem Segment werden wir erst nächstes Jahr wieder aufholen können. Als Einzelhändler bin ich jedoch positiv gestimmt, dass wir mit Blick auf den Herbst schon in diesem Jahr wieder annähernd
unsere normalen Umsätze erzielen können.

Ihr Fazit mit Blick auf das erste Halbjahr 2020?

Ich bin mir sicher, dass wir alle als Menschen gestärkt aus dieser besonderen Zeit hervorgehen werden. Indem wir uns darauf besinnen, was wirklich wichtig ist im Leben: die Menschen um uns herum und
unser aller Gesundheit.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Wieschhörster!

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